Neoteric – Parallel Vienna

Elena Kristofor, Esther Vörösmarty

Alte Post, Wien

2016

Neoteric, 90 x 60 cm, Ausstellungsansicht, 2016

 

Horrorfilme eigneten sich immer schon gut, Ängste und unterschwellige Bewegungen in der Gesellschaft ans Tageslicht zu bringen. Neulich vollzog sich ein Wandel indem dieses Genre nun im Mainstream immer populärer wird, was vielleicht den Ursprung darin haben könnte, dass kritisches und differenziertes Denken und ein daraus resultierendes sensibleres Bewusstsein von mehr Menschen praktiziert wird als je zuvor.
In den 1970er Jahren wurde mit Hilfe von Sigmund Freud’s Tochter Anna Freud ein neues, feineres Selbstkonzept ausgearbeitet und mit Nachdruck dem Einzelnen nahegelegt: durch das bewusst geschaffene Bedürfnis nach Individualität konnten Unternehmen ein breiter gefächertes Sortiment verkaufen – dieses Verlangen nach Einzigartigkeit wurde also monetarisiert. Diese Einstellung, die eine Furcht vor zu viel Konformität mit sich brachte, spiegelte sich besonders gut in Horrorfilmen wider, ein exzellentes Beispiel wäre “Invasion of the Body Snatchers” von 1978.
Zur etwa gleichen Zeit gab es auch jenes Subgenre des Horrofilms, das als fundamentales Element eine Stilisierung bis zum Maximum aufzeigte, die Filme des “Giallo Studio” konzentrierten sich mit einer Lynch-haften Übertreibung auf die Welt der Schönen und stellte Design und Fashion an erste Stelle, nur um diese Welt dann mit ausgesprochener Brutalität zu attackieren.
Das Konzept Individualität und Kapitalismus sind sehr stark verwoben, der Markt reagiert mittlerweile auf die Abgrenzungsversuche des Einzelnen mit zunehmender Schnelligkeit, zum Beispiel werden Merkmale von Subkulturen rasant “verschluckt” und in Blitzgeschwindigkeit einer breiteren Konsumentenschar in verdaulicherer Form angeboten. Das Ganze obwohl Selbstbilder gemeinhin als fragiler, veränderlicher betrachtet werden und sich steigernd aus Fragmenten in einer postmodernen mix-and-match Mentalität zumindest teilweise gebaut werden.
Die Spannung dieser beiden Zugänge des Horrorfilms aus den 1970er Jahren zum Thema Identität, Konsumentenverhalten, der schillernden Welt der Fashion und der darin latenten Unheimlichkeit möchten wir mit dieser Ausstellung beleuchten, und verstehen sie auch als auch Hommage an die bunte Überspitztheit der Giallo Filme. Die Frage könnte auch lauten inwiefern Giallo heute noch relevant ist und wie man die Essenz in einem einzigen Shot vermitteln kann.

Sandra Petrasevic